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Sonntag, 25. Juni 2023

Kreistag (XIV): 1-2-3, fast gibt’s Keilerei

27. März 2023, Kreistagssitzungssaal Darmstadt-Kranichstein

Beginn: 13:03 Uhr – Ende: 15:33 Uhr

Vorab

Blick in den Kreistagssitzungssaal
Klingonische Schriftzeichen fordern gesunde Menschen.

Ich bin um 12:30 Uhr da und zu früh, viel zu früh, denn erst ab 12:45 Uhr kommen langsam, sehr langsam, die Kolleg:innen. Offenbar haben sie noch in ihren von den Steuerzahler:innen finanzierten Fraktionsbüros gesessen und sich von den Steuerzahler:innen bezahlte freie überzuckerte Erfrischungsgetränke und Speisen reingepfiffen, bevor sie sich in den Kreistagssitzungssaal begeben haben. Es dauert bis 13:03 Uhr, bis die Kreistagsvorsitzende Frau Wucherpfennig dazu aufruft, sich endlich brav hinzusetzen und die Sitzung eröffnet.

Beginn: 13:03 Uhr

Frau Wucherpfennig erzählt davon, die Tische wären wegen des Brandschutzes nun weiter auseinandergezogen worden. Dabei ist es doch nur die Faschisten-Fraktion, die ab und zu mit stumpfem Grünen-Bashing versucht zu zündeln (siehe TOP 9).

TOP 9 – Die Angolas zeigen ihre Macht und wahren das Gesicht

Am 1. März 2023 konnte man schon in dieser „Echo“-Zeitung lesen, dass der Kreisausschuss (sPD/€dU-regiert) beschlossen hatte, die künftige Grundschule in Griesheim nach August Euler (Flugpionier und frühkapitalistische Heuschrecke) zu benennen. Das Namensgebungsrecht liegt aber beim Kreistag und somit wurde seine Souveränität untergraben. Ein netter Einblick dahin, wie die Angolas aus €dU und sPD den Kreis am liebsten führen würden: am lästigen Kreistag vorbei.

Natürlich regt sich Widerstand dagegen (manche sind halt noch Demokraten) und es werden zwei Änderungsanträge gestellt: von den Grünen und von der sehr guten PARTEI. Die Grünen ärgern sich, dass bei den Schulen nur eine Handvoll nach Frauen benannt wurden und die Fraktion der PARTEI beantragt, die Schule nach der bekannten Griesheimerin und herausragenden Fußball-Spielerin Katja Bornschein zu benennen.

In Reden verteidigen die Angolas und ihre Steigbügelhalter von der Spaßpartei fdP die Namensgebung. Der zerzauste Professor (fdP) faselt was von MINT-Fächern, die durch die Benennung gefördert werden würden. Ich lache: seit wann haben Grundschüler:innen bestimmte Berufswünsche, weil ihre Schule nach Wolle Goethe oder Alex Humboldt benannt wurde? Die Föhrrrerrrin der #FCKAfD hat wieder nichts zu sagen, hackt aber gewohnheitsgemäß auf den Grünen rum. Selbst die gender-geschädigten €dU-Leute gähnen.

Als ich in meiner Rede erwähne, dass Euler’s untadeligem Ruf durch das Auslassen seiner Tätigkeiten in der Nazi-Zeit und durch seine (bekannten) Treffen mit Nazi-Flugzeug-Ingenieuren doch ein gewisser Zweifel anhaftet, ist Unmut aus den Fraktionen von €dU und sPD zu vernehmen. Herr Sehlbach (€dU) hält den Antrag der PARTEI offenbar für ernsthaft, und mir wird klar, dass wir damit da getroffen haben, wo es weh tut: im Gemächt.

Natürlich geht der Euler-Name mit den Stimmen der Angolas (sPD/€dU) durch – nur Naivlinge hätten ein anderes Ergebnis erwartet. Die Angolas müssen halt zeigen, dass sie regieren. Demokratie ist so. Wenigstens wurden sie im Kreistag dazu gezwungen darüber zu sprechen und es mißlang, den Kreistag, wie im Fall des maroden Schlachthofs im Odenwald von Landrat (sPD) und Erstem Beigeordneten (€dU), gezielt zu übergehen und damit auszuschalten*.

TOP 11 – Abfuhr an die Faschisten

Die Vertrauenspersonen für die Wahl der Schöffen sollen gewählt werden. Für den Bezirk Dieburg stehen eine demokratische Liste zur Wahl und eine der #FCKAfD. Die #AfDer bekommen exakt 3 Stimmen, 57 Stimmen für die Demokratie (60 Wahlberechtigte anwesend). #AfDer Nitsch, der schon seit einem Jahr nicht mehr im Kreistag aufgetaucht ist, hätte sicher für seine Kumpane gestimmt.

TOP 14, 15, 16 – die Kreistagsvorsitzende ist nicht mehr fit für den Job

Werner Bischoff (fraktionslos so wie ich) hat wieder mal ein paar Anträge gestellt. Er spricht zu TOP 14 und die Kreistagsvorsitzende Wucherpfennig sagt am Ende seiner Rede, er solle gleich vorne bleiben und zu den anderen beiden TOPs sprechen. Bischoff grummelt vor sich hin, sagt, er gehe nur schnell die anderen Reden an seinem Tisch holen, läuft los und Frau Wucherpfennig ruft ihm laut hinterher: „Sie verzichten auf Ihr Rederecht?“ Es gibt Unruhe im Saal, den sie anscheinend nicht begreift.

Sie hält es nicht für notwendig nachzufragen, ob es zu TOP 14 noch weitere Redebeiträge gibt, läßt Bischoff erst nach dessen (etwas genervtem) Protest reden, und muss von ihren Mitarbeiter:innen darauf hingewiesen werden, dass erst über den TOP 14 abgestimmt werden muss, bevor zum TOP 15 übergegangen wird.

Offensichtlich kann Frau Wucherpfennig die Vorgänge, die ein Kreistagsvorsitz fordert und ihre persönlichen Ansichten nicht (mehr?) auseinander halten (was sie auch des Öfteren in ihren für mein Dafürhalten nach unangebrachten Meinungsäußerungen auf dem Podium nutzt). Die persönliche Abneigung gegenüber W. Bischoff ist mit im Kreistags-Zusammenhang nachteiliger Behandlung sehr offensichtlich; sie zeigt damit wiederholt, dass sie mittlerweile arge Schwierigkeiten in ihrem Urteilsvermögen hat.

Ich denke, Frau Wucherpfennig ist dem Amt schon länger nicht mehr gewachsen und sollte den Posten jemandem überlassen, der jünger, geistig fitter und den Anforderungen gewachsen ist. Ihre Verdienste sind bestimmt unbestritten, aber es ist Zeit für einen Wechsel.

TOP 17 und 18 – die Kommunen sind finanziell überfordert, aber der Kreis ist pleite

Immer kurzfristiger werden die Kommunen mehr zur Kasse gebeten, weil der Landkreis seinen Haushalt wegen der selbstverschuldeten Geldnot (sprich: der Bankrott) immer später verabschiedet. Bei der letzten Kreistagssitzung hatten fünf der 23 Kommunen sich für finanziell überfordert erklärt; sie wüssten nicht mehr, wie sie die Umlage-Forderungen des Landkreises erfüllen sollten, nun sind es schon die Mehrheit. sPD-Mann Schuchmann schlägt vor, die Aufsichtsbehörde solle das bewerten. TOP 17 wird im Konsens mit den Antragstellern für erledigt erklärt; TOP 18 geht noch einmal in den Haupt- und Finanzausschuss (HFA).

Trotzdem wird über TOP 18 noch gesprochen. Und wie!

Die Opposition sieht sich hinter’s Licht geführt, weil die Angola-Koalition (sPD/€dU) im HFA immer nur berichtet, dass es nichts zu berichten gibt zu den Finanzen und begründet damit, dass sich immer öfter immer mehr Anträge zu den Kreisfinanzen stellt. Die Angolas sind beleidigt und besonders Landrat Scheelhaas wird sehr emotional. Nach anfänglich demonstrativ nach außen getragener Gelassenheit platzt ihm der Kragen: fünf Minuten (für ihn eigentlich sehr kurz) poltert er am Rednerpult, der Grüne Grunwald wolle sich als „Konsolidierer“ aufspielen, dass er es als „vollkommen unerträglich“ empfinde, wie die Kritik vorgetragen würde und dass die Opposition so tun würde, als ob sPD und €dU nichts täten. Dann schweift er mal wieder ab und hackt auf der Landesregierung wegen der finanziellen Ausstattung der Landkreise herum. Die sPD klatscht, aber die €dU ist auffallend still. Trotzdem trauen sich ein paar €dUler, am Ende zu klatschen. Regt sich etwa Kritik am Kurs der Landes-€dU in Anwesenheit von Generalsekretärs Manni Pentz?

UWG-Mann Rupp erklärt, das Regierungspräsidium hätte deswegen einen so großen Zugriff auf den Kreishaushalt, weil die Finanzsituation eben „sehr, sehr schlecht“ sei. Daraufhin ist der Landrat offenbar noch mehr geladen, geht zum Rednerpult und sagt, dass es nicht stimme, dass das Regierungspräsidium mit „hineinregieren“ würde, sondern es agiere sehr sensibel.

Das Ganze schaukelt sich noch weiter hoch, als Rupp unterschwellig sagt, der Landrat wäre nicht ehrlich in seinen Aussagen, worauf sich Scheelhaas mit einer Wortmeldung wehrt. Ich hätte erwartet, dass einer der beiden irgendwann den Federhandschuh wirft und man sich nach der Sitzung hinter der Turnhalle treffen würde (Kratzen und Beißen verboten!). Dann wäre ich sogar noch länger geblieben.

TOP 19 – künftige einschneidende Ereignisse werden auch beim First Contact Day nicht ernst genommen

In (fast) genau 40 Jahren wird es zum Erstkontakt kommen zwischen Menschen und Vulkaniern. Um uns diesmal rechtzeitig darauf vorbereiten zu können –die Klimakatastrophe hat die Menschheit ja vollkommen überrascht; so manche:r hat immer noch Probleme, sie zu begreifen und entsprechend zu handeln (ja, ich meine auch „Klimakanzler“ Ole Schloz & the Gang)– hat die sehr gute PARTEI einen entsprechend aufrüttelnden Antrag gestellt (hier die aufrüttelnde Rede). Als einziger weiterer Redner zum Antrag spricht Herr Fuchs-Bischoff (Grüne). Er sei überzeugt, außerirdische Botschafter seien längst unter uns und man erkenne sie an ihrer Bekleidung: grauer Anzug und rote Krawatte – was großes Gelächter im Saal verursacht und den vorherigen, doch heftigen Streit etwas mildert.

Unerwarteterweise wurde der Antrag abgelehnt. Künftige Generationen wissen also, wen sie verantwortlich machen können, wenn durch absichtliches Ignorieren von Fakten die Erde einst für eine intergalaktische Hyperraum-Umgehungsstraße gesprengt werden wird. In der Zukunft wird sicher keine Schule nach Jungspund Zeißler oder Frau Winter benannt werden.

Um 15:33 Uhr ist der Spuk die Sitzung vorbei.

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*) Werde ich etwa Alters-milde? Werde ich durch den Umgang mit Lokalpolitiker:innen und kostenlosem Bier und Würsten bei Fastnachts-Empfängen korrumpiert? Erkenne ich durch ein persönliches Gespräch am Hessentag, in dem sich Max Schimmel (€dU) als beleidigte Leberwurst zeigte, die Argumenten nur mit Phrasen begegnet und gar nicht sachlich diskutieren will, dass nicht nur er die Welt außerhalb seines beschränkten Umfeldes gar nicht kennt und so handeln muss? Wer weiß…?