Kreistag (XX): lasst Wohnungslose doch Kuchen essen!

17. Juni 2024, Kreistagssitzungssaal Darmstadt-Kranichstein

Beginn: 13:05 Uhr – Ende: 14:37 Uhr

Vorab

Es gibt immer noch kein kostenloses Mineralwasser; es kostet weiterhin € 1,– pro 250 ml und außerdem werden Im Foyer Wurst- und Käsebrötchen für € 2,50 feilgeboten. Veganer:innen schauen auch diesmal in die Röhre und bleiben hungrig – aber wen interessieren bei sPD und €dU solche Minderheiten?

Der traditionelle Scheppergong schallt um 13:04 Uhr. Die Kreistagsvorsitzende sagt (sinngemäß) „Setzt Euch!“, und sofort ist Stille.

Beginn: 13:05 Uhr

Drei Mitarbeiterinnen des Kreistagsbüro orientieren sich beruflich neu; zu Deutsch: sie gehen woanders hin. AfDer Nitsch ist –wie immer seit Jahren– nicht anwesend (diesmal wieder unentschuldigt). Manni Pentz (€dU) fehlt zum wiederholten Mal – wann stellt er sein Mandat zur Verfügung? Werner Bischoff (Linke) fehlt auch; bei Nennung seines Namens geht ein freudiges Raunen um bei der „christlichen“ Partei (das muss wohl diese „Nächstenliebe“ sein).

Die Schweinepest ist im benachbarten Landkreis Groß-Gerau angekommen; der Landrat und die Bürgermeister:innen beraten, und alle kommen wegen der Krisensitzung erst so gegen 13:20 Uhr in den Saal; Frau Lange auch und sie setzt sich wieder zur €dU in die Reihen. Ich wundere mich, dass sie nach dem Dolchstoß in den Rücken der €dU bei der Bürger:innenmeister:innen-Wahl in Erzhausen der €dU-Fraktion noch angehört.

TOP 2 – Schweinepriester… – äh, -pest!

Der Landrat (sPD) tritt ans Rednerpult und verkündet in nüchternem Ton, dass der Haushalt zwar genehmigt, man ihn aber mehrmals lesen solle. Besonders die zweite Jahreshälfte sei der Kreis finanziell klamm; die Konten müssten geprüft werden. Er redet nur fünf Minuten mit sehr gebremster Euphorie; es werde wegen der Schweinepest Ernteausfälle geben, weil es eine 14-Tage-Sperre für maschinelle Bodenbearbeitung gebe.

TOP 7 – Schluss mit der Planungs-GmbH für den ÖPNV

Der Landkreis wird zum Ende 2024 seine Beteiligung an der StraDaDi GmbH, die von der Stadt Darmstadt und dem Landkreis Darmstadt-Dieburg Anfang 2021 extra für den Straßenbahnbau nach Groß-Zimmern gegründet wurde, kündigen. Endgültiger Ausstieg ist dann am 31.12.2026.
€dU-Sehlbach babbelt vorne irgendwas langweiliges am Rednerpult. Ich schrecke auf, als die €dU-Mitläufer:innen… – äh, -Fraktionsleute übertrieben laut auf ihre Tische klopfen. Ob sie wohl instruiert wurden?
Schuchmann (sPD) kritisiert die GrüNeen wg. einer Presseerklärung, die sie zusammen mit den Darmstadt-GrüNeen veröffentlicht hatten. Der ÖPNV sei ihr „persönliches Baby“ und er wirft ihnen „Starrsinn“ bzgl. des ÖPNV vor. Wenigstens wissen wir jetzt, dass der sPD Straßen und der Individualverkehr mit Autos wichtiger ist als der ÖPNV (und Radwege sowieso).
Der greise Achilles von der fdP lässt durchblicken, dass seine Spaßpartei grundsätzlich gegen den Straßenbahn-Ausbau und generell gegen ÖPNV ist, weil man „Maß halten“ müsse. Ich bin versucht, laut „Prost Wiesn!“ zu rufen.

TOP 12 – Armen die Hilfen kürzen: Kernpolitik der Wirtschafts-hörigen Parteien

sPD und €dU finden die Fachstelle für Wohnungsnotfälle im Landkreis Darmstadt-Dieburg unnötig und wollen sie schließen (weil: kein Geld!). Nachweislich (!) hat die Fachstelle viele sozial schwache Bürger:innen vor einer Wohnungslosigkeit bewahrt. Die anti-sozialen Spar-Parteien sPD, €dU, fdP und die Nazi-Partei AfD stimmen ausdrücklich für das Alleinlassen von Bürger:innen in Wohnungsnot und ihren Kindern, die als Konsequenz vom Jugendamt in Einrichtungen untergebracht werden müssen (weil sie nicht bei ihrer wohnungslosen Familie bleiben dürfen). Hätte nur noch gefehlt, dass die Angola-Koalition von sPD/€dU empfohlen hätte, die künftig Wohnungslosen sollten doch in Aktien investieren und sich ihr Häuschen selber bauen.

Nachtrag dazu:
Ein paar Tage später lese ich in der „Echo“-Zeitung, dass die Stadt Darmstadt (und der Landkreis Darmstadt-Dieburg wohl auch) bald ein „Haus des Jugendrechts“ erhalten soll, um „auffällige“ Jugendliche wieder „auf den rechten Weg“ zu führen. Mehr als ein bitteres Lachen habe ich nicht übrig für die Nachricht: erst die Kinder entwurzeln und dann später versuchen, sie wieder einzufangen für die Gesellschaft… – was für eine verlogen-kurzsichtige Politik! Danke sPD, €dU, fdP und FCKAfD!

TOP 19 – die Öko-Linken bringen einen Antrag ein

Eigentlich müsste man das mit Hurra-Rufen feiern: die zwei Ex-Linken + ihre Klimaliste-Kollegin bringen einen Antrag ein. Selbst ich bin aktiver und arbeite mehr für mein Geld als die drei Damen.

Egal: MdL Leveringhaus (GrüNee) bemerkt in seiner Rede, man solle nicht so viele Appelle dort anbringen, wo man als Kreistag nicht zuständig ist und gibt damit einen (wohl unbeabsichtigten) Seitenhieb an die inflationär genutzten „Resolutionen“ der Kreistags-Fraktionen zu überregionalen Themen.
Ich habe mir seine Rede von der Webseite der GrüNeen runtergeladen und werde sie bei Gelegenheit gerne zitieren, wenn es den Fraktionen mal wieder einfällt, irgendwas zu „resolutionieren“.

TOP 20 – die fdP will irgendeinen utopischen Quatsch promoten

Die Spaßpartei fdP will, dass kreiseigene Fahrzeuge mit HVO-Diesel betankt werden sollten; mehr weiß sie nicht (außer, dass die Porsche-Partei behauptet, das Zeug sei „umweltfreundlich“).
€dU-Fraktionschef Maxi Schimmel geht nur ans Rednerpult, um bekannt zu geben, dass seine Fraktion dem Antrag zustimmen wird. Das mache ich demnächst dann auch, wenn ich mich gerade wahnsinnig wischtisch fühle und meinen frisch gestutzten Bart präsentieren will. Für belangloses Gebabbel ist die €dU aber wohl besser geschult.

Um 14:37 Uhr ist schon Schluss.
Geil! Guter Stundenlohn, und das wichtigste: ich bin rechtzeitig zum Beginn des EM-Spiels zwischen Rumänien und der Ukraine zuhause!