Diese bereits seit längerer Zeit bestehende Forderung der PARTEI, die sich auch als beliebter Slogan auf Plakaten und Stickern entpuppt hat, verdient eine nähere Betrachtung. In Zeiten, in denen sich die Debatten um ein bedingungsloses Grundeinkommen oder Obergrenzen für Flüchtlinge und Wölfe drehen, sollte eines nicht vergessen werden; Lebewesen mit Gehirn, nicht zuletzt höher entwickelte Primaten wie der Mensch, sollten einen Anspruch auf Mindesthirn haben ohne Obergrenze der Intelligenz.
Warum, das wird der Doc in der Folge anhand einfacher Beispiele aus der Tier- und Menschenwelt veranschaulichen. Wie der Sockelbeitrag in der Riester-Rente, der entrichtet werden muß, um die maximale staatliche Förderung für die Altersvorsorge zu erhalten, sollte auch dem Gehirn nebst gewisser Mindestnutzung durch seinen Besitzer eine darüber hinausgehende Forderung und Förderung zuteilwerden.
Wozu nun aber konkret das bedingungslose Mindesthirn? Viele neurophysiologische Prozesse, denen wir gerne das Gehirn als oberste Regulierungsbehörde vorgeschaltet wissen wollen, spielen sich tatsächlich teils unbewußt und automatisiert auf unteren Ebenen der Nervenverschaltung ab.
Eindrucksvoll das Beispiel von Lloyd Olsen aus Colorado und seinem Hahn „Mike“, der 1945 einzig deswegen dem Tod und anschließenden Verzehr entging, weil bei der zu weit oben angesetzten Schlachtung Teile von Groß- und Kleinhirn am noch lebenden Tierkörper verblieben. 18 Monate lebte der kopflose und fortan auf künstliche Ernährung durch seinen Besitzer angewiesene Hahn weiter. Zu welch komplexen Leistungen also selbst unvollständige Gehirne in der Lage sind, zeigt dieser Vorgang.
Bedauerlicherweise nutzt nicht jeder Mensch selbst marginale Teile seines Gehirns in ähnlich effizienter Weise. Hierfür gehen wir auf der evolutiven Stufe von den Hühnern ein wenig nach „oben“ (angesichts vieler gesellschaftlicher Beispiele ist das „oben“ bewußt in Anführungszeichen gesetzt) und schauen uns einen physiologisch erklärbaren, wenngleich ethisch ebenso fragwürdigen Vorgang an, dem einige Menschen nachgehen: Das Anheben und Ausstrecken des rechten Arms als Gruß und Ehrerbietung für gewisse Führerpersönlichkeiten, auch bekannt als „Hitlergruß“. Für diesen ist nach Ansicht des Docs nicht nur eine ideologische Fehlsteuerung des Ausübenden notwendig, sondern – und das ist der interessantere Aspekt – es bedarf hierfür nicht einmal eines Gehirns!
Was auf den ersten Blick abstrakt und wie eine willkürliche Unterstellung anmutet, läßt sich neurophysiologisch schlüssig erklären: In „Die Entdeckung der Intelligenz oder Können Ameisen denken?“ (CRUSE, DEAN, RITTER 1998) beschreiben die Autoren ein Experiment zur sogenannten „operanten Konditionierung“ mit Ratten und Schaben. Die Tiere wurden festgehalten, die Position eines Beines gemessen. Sobald der Fuß unter eine gewisse Grenze bewegt wurde, folgte ein leichter elektrischer Reiz als „Strafe“. Sowohl Ratten als auch Schaben lernten so, den Fuß immer oberhalb der kritischen Grenze zu halten. Wohlgemerkt (und das macht es so interessant) war den Tieren vor dem Experiment das Gehirn entfernt worden! Was aus ethischer Sicht sicherlich kritisch hinterfragt werden kann, liefert aber zumindest den Beweis, daß diese Art des „Lernens“ bereits auf Ebene des Rückenmarks (bzw. bei Insekten des Bauchmarks) stattfindet. Ein Großhirn ist hierfür nicht notwendig. Was bedeutet, daß der Hitlergruß höchstwahrscheinlich nichts anderes ist als eine erlernte Reaktion auf visuelle, akustische oder andersartige Reize, die bei Ausbleiben oder fehlerhafter Ausführung (schmerzhafte) Konsequenzen nach sich zieht. Solange also wenigstens das Rückenmark intakt ist, kann der Nazi artig grüßen. Bewußtsein oder gar Intellekt sind hierfür nicht notwendig.
Gerade angesichts der zunehmenden rechtspopulistischen bis rechtsextremen Tendenzen in der Gesellschaft, gefördert durch eine zunehmend unreflektierte Art des Umgangs der ideologischen Betroffenen mit medialen Informationen, muß an dieser Stelle also das bedingungslose Mindesthirn für alle gefordert werden! Für mehr neuronale Verschaltung im Kopf. Das Großhirn macht den Unterschied.
Der Doc als zukünftiger Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises 53 (Göttingen) wird sich nicht zuletzt aus (tier)medizinisch-neurophysiologischen Gründen genau hierfür einsetzen.
Bis zum nächsten Mal bei „Der Doc empfiehlt“, dann zum Thema rohe & gekochte Tomaten.
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