Prost Neujahr! Oder der Versuch, die Faulenquote zu leben.

Erste Kreistagssitzung 2022. Der Frühling sagt: Geht nicht da rein. Wir sind unentschlossen, überlegen kurz die sPD von der Schaukel zu schubsen. Gehen dann aber doch rein.

Drinnen keine Überraschung: Der nächste afDingsler hat sein Mandat niedergelegt. Nachgerückt ist ein Fröhlicher. Ob das auch für uns so wird? Erste Hochrechnungen ergeben, dass die AfD am Ende der Legislaturperiode nicht mehr vollständig sein wird. Dann halt nur „Alternative für“. Für was, kann man sich dann aussuchen. Telegram-Gruppen? Sinnlosigkeit?

Gefühlt die gesamte €dU ist krank, andere auch. Vielleicht geht’s dann schneller. Fest steht: Die PARTEI hat eine sehr gute Konstitution. Wie zum Beweis erblicken wir einen Kreisbeigeordneten, der sich heute im solidarischen PARTEIdress ins Plenum gewagt hat. Steht ihm sehr gut. Ist die FRAKTION jetzt komplett?

Gleich zu Beginn der Sitzung ein Wechselbad der Gefühle, verbunden mit sportlicher Betätigung. Gedenken an Verstorbene. Freude über Abgänge aus bestimmten Ecken. Kenntnisnahmen von Geburtstagen. Staatstragendes zum russischen Ukraine-Krieg.

Deshalb gleich drannehmen, was wirklich wichtig ist (kein Smiley): Ukraine-Resolution. Kurz knackig, auf’m Punkt. Einstimmig.

Dann das übliche Hände heben im Sekundentakt. Läuft soweit. Wenn das der Führer wüsste. Dann endlich das erste Thema, dass Unterhaltung verspricht: Ein Elektromobilitätskonzept für den Kreis GG. Ein Atomkraftwerk haben wir ja praktischerweise schon im Nachbarkreis, Strom wäre also da. Die sPD beginnt den Reigen. Ein Solotanz. Fast ein bisschen enttäuschend.

Der Kreisbeigeordnete widmet sich noch mal der Ukraine. Tagesordnung ist eben das, was man draus macht. In diesem Fall wollen wir mal nicht so sein. Es wird nicht gejammert. Wir sind bereit.

Ein netter Break zu den Rechenzentren. Hatten wir schon erwähnt, dass wir ja gottseidank bereits ein Atomkraftwerk im Nachbarkreis haben? Die Grünen machen unsere Arbeit und sprechen über Energie. Irgendwie ignorieren sie aber die praktische Atomenergie. Uns gänzlich unverständlich, weil ist ja Bio. Jetzt wird’s hanebüchen: Rechenzentren in Windkraftanlagen? Also bitte, die verschandeln dann ja doppelt die Landschaft. Aber vielleicht doch eine gute Idee? Quasi die heiße Luft des Internets in brauchbare Energie umwandeln. Jetzt stachelt er uns sogar zum Diskutieren an. Die Umwelt ist schon aufgeheizt, jetzt sollen wir das noch mit unseren Beziehungen tun? Wir verweisen erneut auf das Atomkraftwerk…

Wobei das vielleicht doch unsinnig ist. Jeder weiß, dass das Internet durch Katzenvideos angetrieben wird. Man braucht keine Atomenergie für das Internet.

Nächster Punkt: Ausbau der A67 laut Bundesverkehrsdings. Haben die etwa Ahnung? Wir fordern: Ausbau der A67, auf jeder Seite 5 Spuren, denn 3 sind ja überhaupt nicht zukunftsfähig. Der Wald kommt dann auf die mittlere Spur. Oder eher ein Mittelspurgebot? Die Linke ist erwartungsgemäß gegen den Autobahnausbau, solange der Linksverkehr nicht eingeführt wurde. Da hat wieder keiner unser Verkehrskonzept gelesen. Auch von anderer Seite erhalten die Bäume unerwartete Unterstützung: Die Volksfront von Judäa will gerne Standspuren nutzen. Zum Fahren oder für Bäume? Der sPD fällt auf, dass das nicht mit Klimaneutralität zusammengeht.

Nun wieder Sachen, die wir nicht haben: Geld. Aber damit sind wir nicht allein. Deswegen spricht der Chef zuerst. Der Weg zum freigegebenen Haushalt ist steinig. Und lang. Und wir sollen nicht an der Bildung der zukünftigen Erwachsenen sparen. Von der judäischen Volksfront gibt es Gegenwind. Wieder einmal wird kritisiert, dass auch die sPD eine Beraterfirma in Anspruch genommen hat. Berater haben nur Ahnung, wenn sie von der cdU beauftragt werden. Dann der Gesandte Lindners – ein Lindwurm? Es bleibt zäh. Und die €dU muss auch noch. Bisher übrigens nur Männer, die ihre Wirtschaftsmächtigkeit hier in Szene setzen. Muss ein mega-wichtiges Thema sein. Immer schön kritisieren, wenn andere Schulden machen. Auf der anderen Seite heißt Schuldenmachen bei der €dU Investition. In der Opposition gilt hingegen bei der €dU: sparen. Wir empfehlen das bei der Redezeit und dem Drehen und Wenden wie es gefällt.

Die sPD kehrt zum Thema Generationengerechtigkeit zurück und nutzt eine schön bildreiche Wortwahl. Die Sprachfreund:innen unter uns wachen kurz auf. Bei „Haushaltskonsolidierungskonzept“ schlafen wir allerdings leider wieder ein. Jetzt will der Markt schnell noch was regeln, was von links selbstverständlich nicht goutiert wird. Die Grünen schielen ein bisschen neidisch über den Rhein in die Biotechnologie-Szene. Spargelanbau ist halt nicht so lukrativ, solange der Spargel nicht intramuskulär verabreicht wird. Das Gespenst des Wortes „Steuer“ geht herum.

Vorschlag für innovative Mehreinnahmen: wir brauchen kreiseigene Rechenzentren in Windrädern. Geld durch Vermietung von Rechenleistung, Geld durch Energieumwandlung, weniger Abhängigkeit von Russland: Die Russen zahlen keine Steuern im Kreis! Skandal! Mit unserer Idee droht eine Win-Win-Win Situation. Unser Konzept, der Top-Internetz-Kreis Deutschlands zu werden, bringt mindestens so viele Gewerbesteuern wie bei neidisch Beäugten über dem Rhein – und fertig ist die Haushaltslaube.

Plötzlich wird der Haushalt emotional. Die Volksfront von Judäa muss weinen, weil ihr Antrag wahrscheinlich abgelehnt wird. Notiert, passiert.

Nachdem Haushalt mal was Konstruktives, eine Pause wird beantragt. Und daraus eine interessante Information: Der Herr, der bei der afDings nachgerückt ist, war früher bei der Linken, ist dann aber über ein Hufeisen gestolpert. Während wir uns noch den Kopf kratzen, müssen wir schon wieder Hände heben. Ein Dilemma.

Chancengleichheit wird durchgewunken.

Die Kreisklinik naht… Die €dU beweist mal wieder, dass in der Klinik nur Männer arbeiten. Gegendert wird auf keinen Fall. Andere sind sich einig, dass Transparenz gut ist. Die höchste Transparenz ist immer, wenn nix mehr da ist. Es scheint, unser Plan, dass sie ihre Arbeit ordentlich machen, geht auf. Mit Spannung erwarten wir den Beitrag der afDings.

Ombudsstelle wird verlängert. Hui, die Linke klatscht für die Kirche.

Ambulante Versorgung für Menschen mit psychischen Problemen. Noch `ne Haushaltsdebatte und wir sind auch Kund:innen. Die €dU möchte was ergänzen. Ein Thema für Frauen, scheint es. Hatten wir vorhin nicht was von Chancengleichheit? 🤔

Die afDings möchte einen Tag des Handwerks. Tatsächlich nimmt sich die €dU die Zeit, zu erklären, warum das keine gute ist Idee ist und dass das Übel woanders liegt: in der Anerkennung. Klatschen für Handwerker:innen! Dazu noch eine ungehaltene Rede von uns am Ende.

Dann bringt die afDings politische Gegner mittels Verwirrung durch unzusammenhängende Worthülsen zu Fall. Geschenkt. Weiteres lassen wir hier mal außen vor, niemand soll sich so langweilen wie wir. Schließlich wurden wir gewählt, dies zu tun. Zwinkersmiley. Leider tut es die sPD nicht und verlängert die Party.

Aber dann ist Schluss.

Draußen ist immer noch ein bisschen Frühling, Glück gehabt.

Ungehaltene Reden II:

Wir fordern:

Der Kreis Groß-Gerau führt einen „Tag des Influencens und der Verarbeitung von Informationen“ für alle Mitbürger:innen über 60 ein. Dieser findet einmal jährlich im Rahmen eines Projekttages oder Workshops statt.

Begründung:

Häufig gilt der Beruf von Influencer:innen bei älteren Mitbürger:innen als „minderwertig“ oder „unattraktiv“. Auch die genaue Aufnahme und Verarbeitung von Informationen aus dem Internet ist gerade für ältere Menschen schwierig. So kann es leicht zu Verkürzungen und Verfälschungen kommen. So wird leicht aus „manchmal bin ich neidisch, weil Influencer:innen so viel geschenkt bekommen“ zu „sind neidisch auf den leichten Beruf und die vielen Gratisprodukte“ – obwohl das „manchmal“ eine Bedeutung hat und keine Aussage darüber eingeholt wurde, ob die Befragten von einem leichten Beruf ausgehen. Um bei den älteren Menschen wieder Begeisterung und Interesse für wahrheitsgetreue Informationsverbreitung und für neue Berufsfelder zu wecken, bedarf es einer spezifischen Förderung. Also mal ganz ehrlich: bei der afDings wird auch Profisport als leichter Beruf bezeichnet. Und Träume von Menschen werden gleich als ihr Zielbild betrachtet – wir vermuten, dass 50% aller Handwerker:innen insgeheim von einer Fussballer:innenkarriere träumen, wir übrigens auch. Auch wenn das eigentlich zu anstrengend ist.