Der Doc stellt heute seine neue und fortan regelmäßig erscheinende Kolumne vor.
Die unreflektierte Aufforderung „Gib dem Affen Zucker“ aus dem Titel des gleichnamigen Adriano Celentano-Films ist aus Tierschutzgründen durchaus kritisch zu sehen. Sollte es sich bei besagtem Affen nämlich um einen Primaten handeln, der an einer Form des Diabetes mellitus leidet, so könnte der Verzehr von Süßigkeiten zugleich sein Ende bedeuten. Ebenso war die Rettung von Mia Wallace durch Vincent Vega im Film „Pulp Fiction“ mittels einer Adrenalin-Injektion zwar erfolgreich, aber nicht frei von Risiken: Da Adrenalin an zwei verschiedenen Arten von Rezeptoren binden kann, kann der eigentlich beabsichtigte positive Effekt aufs Herz-Kreislaufsystem sich umkehren. Sind die sogenannten α-Rezeptoren, an die es zuerst bindet, durch andere Medikamente oder Substanzen besetzt, stehen dem Adrenalin nur an die noch freien β-Rezeptoren zur Verfügung. Da dies aber einen entgegengesetzten Effekt auslöst, würde Adrenalin in diesem Fall u.a. den Blutdruck senken (sie sogenannte „Adrenalinumkehr“) – was ja nach Situation fatale Folgen haben kann.
Auch Vergiftungen oder Überdosierungen und damit verbundene negative Effekte sind oft nur Folgeerscheinungen anderer Mechanismen. So bekommen Rinder bei einem Mangel an Magnesium Krampfanfälle, die sogenannte „Weidetetanie“. Diese muss aber nicht zwingend durch eine zu geringe Zufuhr an Magnesium ausgelöst werden, sondern kann auch eine sekundäre Erscheinung von zu viel Kalium im Weidegras sein.
Schauen wir uns angesichts dessen einmal die aktuelle politische Situation an: Die meisten Parteien haben ihr Spitzenpersonal für die Bundestagswahl nicht etwa deshalb ausgewählt, weil es am besten geeignet wäre, sondern ganz einfach, weil es keine Alternativen gab. Dies ist nicht frei von Risiken. Christian Lindner hielt bei der FDP am 06. Januar diesen Jahres eine als mitreißend empfundene, weil gut vorgetragene Rede. Neue Inhalte wurden indes nicht geliefert. Ebenso bei den Grünen, bei denen einer der Spitzenplätze automatisch an die einzige nominierte Frau vergeben wurde, der andere erwartungsgemäß an das bekannteste, wenn auch nicht unbedingt ansprechendste Gesicht der Partei. Unauffällig (und personell nicht zur Disposition stehend angesichts möglicher anderer Kandidaten, die es nur noch schlechter machen würden) wird Angela Merkel die CDU in den Wahlkampf führen. Die AfD geht mit einem alten Mann, der den Rechtspopulisten Höcke als „nationalen Romantiker“ bezeichnet und einer homosexuellen Frau, die somit absurderweise eine offen homophobe Partei anführt, in den Wahlkampf. Zuguterletzt feiert die SPD den Messias (S)Chulz, der einzig deshalb Kanzlerkandidat wurde, weil ein bis dato eher beleibter als beliebter Siggi Gabriel aus eigenen Stücken aufgab. Den einzig möglichen nachrückenden Kandidaten mit einem nordkoreanisch anmutenden Ergebnis ins Amt des Parteichefs zu wählen, mutet angesichts dessen eher unreflektiert als ehrlich begeistert an.
Was können wir daraus lernen? Der äußere Eindruck erfordert heutzutage immer öfter einen eingehenden Blick hinter die Kulissen, um der wahren Ursache habhaft zu werden. Niemand weiß das so gut, wie die (Tier-)Mediziner. Und so, wie ein und dieselbe Substanz im gleichen Körper zwei komplett gegensätzliche Wirkungen haben oder ein vermeintlich primärer Mangel am Ende tatsächlich eine sekundäre Erscheinung sein kann, so kann auch eine offenkundige Aufbruchstimmung letztlich nur der einzige Ausweg aus größter Verzweiflung sein. Aber eine Adrenalinumkehr gibt es eben gelegentlich auch im politischen Alltag. Der Hype um Messias Chulz und die mittlerweile wieder sinkenden Umfragewerte der SPD beweisen es: Alles eine Frage der Dosierung und des richtigen Zeitpunkts der Anwendung.
In seinen „Notizen“ schrieb der Schriftsteller Ludwig Hohl: „Die Idioten stellen die Dinge einander gegenüber, statt sie voneinander abzuleiten.“ Zusammenhänge aufsuchen und kritisch analysieren, das wird das Ziel der Kolumne „Der Doc empfiehlt…“ sein.
In diesem Sinne, beste Grüße vom Doc!
PS: In den nächsten Folgen geht es dann u.a. um operante Konditionierung im rechtsextremen Milieu und der Doc setzt sich mit den Vor- und Nachteilen des Verzehrs roher und gegarter Tomaten auseinander.
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