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Sonntag, 10. Oktober 2021

Antrag generisches Femininum

Daniel Konttori
Die PARTEI
Ratsmitglied

Antrag

Der Stadtrat möge beschließen:

Die Stadtverwaltung Detmold, sowie der Stadtrat, kommunizieren (intern und extern) ab dem 01.05.2021 ausschließlich im generischen Femininum.

Begründung (als Rede im Rat):

Sehr geehrte Damen und Herren,


vor kurzem haben wir den Frauentag gefeiert. Dies war sicherlich ein Anlass für viele Männer kurz vor Ladenschluss die Discounter nach billigen Pralinen zu durchstöbern, um sie dann ihren Frauen in romantischer Manier zu überreichen. Doch schon am nächsten Tag müssen die Kartoffeln pünktlich fertig sein. Und bloß nicht zu weich gekocht!


Der 10.3.21 markierte den Equal Pay Day in Deutschland, welcher besagt, dass Frauen im Durchschnitt Entlohnung für bis zu drei Monate der gleichen Arbeit, im Vergleich zu Männern, vorenthalten werden. Weitaus weniger bekannt (eine Schande!) ist der 11. Februar, der Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft. Er symbolisiert die Bedeutung und Errungenschaften der Frauen für unsere Gesellschaft und verdient viel mehr Popularität. Drei Tage innerhalb von 4 Wochen, die zum einen auf die Bedeutung der Frauen in der Gesellschaft aufmerksam machen, zum anderen aber auch verdeutlichen, dass diese Bedeutung längst nicht ausreichend genug gewürdigt wird.


Alice Schwarzer sagte bezüglich des Frauentages, sie würde sich wünschen, es müsste diesen Tag nicht geben, weil die Verhältnisse in der Gesellschaft dementsprechend sind, aber davon sind wir weit entfernt. Immerhin kann man anmerken, dass Frau Schwarzer auf dem Gebiet der Steuerhinterziehung durchaus schon eine gleichberechtigte Situation zu ihren männlichen „Steuerbuddies“geschaffen hat.


Doch natürlich hat sie in Bezug auf den Frauentag recht und das gleiche gilt für den Equal Pay Day. (Dazu möchte ich anmerken, dass dieser in Österreich und der Schweiz circa 3 Wochen früher stattfindet.)
Um die aktuell allbestimmende Situation als Bezugspunkt zu nehmen:
Die Corona-Pandemie hat einmal mehr offenbart, dass Frauen einen immensen Anteil der systemrelevanten Berufe ausüben. Zusätzlich haben sie die meiste Verantwortung der Kinderbetreuung übernommen. Trotz dieser Heldinnentaten ist es leider traurige Realität, dass viele Frauen in dieser überaus harten Zeit oft nicht gebührend gewürdigt wurden. Im Gegenteil: alte Muster wurden erneuert und etliches Erreichtes aufgehoben.
Sicherlich sollte nicht unerwähnt bleiben, dass auch Frauen in den systemrelevanten Berufen mit beklatscht wurden, doch fehlt es da, nach nun ca. einem Jahr Pandemie, an kontinuierlichem Nachschub.
Die Corona-Pandemie hat auch gezeigt, dass in Deutschland Respekt für die Leistung systemrelevanter Berufe nicht mit Wertschätzung und angemessenem Lohn einhergehen. Diesen Umstand vermag der Detmolder Stadtrat nicht zu ändern, doch kann dieses Gremium Frauen hier mehr bieten als geheuchelten Pseudo-Respekt und Mon Cheri. Ein aufrichtiges Zeichen eben dieses Respekts, den Frauen auch vor der Pandemie und weit darüber hinaus verdient haben, wäre das generische Femininum.


Seit Mitte der 1970er Jahre ist der Begriff „generisches Maskulinum“ in Deutschlands Diskursen nicht nur angekommen, sondern fest verankert. Seit einem knappen halben Jahrhundert herrscht Klarheit darüber, dass Männer in der deutschen Sprache bevorzugt werden.


Bei aller Entwicklung in Sachen Gleichberechtigung, sind wir doch noch weit davon entfernt. ( Als Verweis dazu LZ-Artikel 9.3.21: Prognose, Gleichberechtigung erreicht im Jahr 2133)


Wie Andrea Behrendt (Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt der Agentur für Arbeit Detmold) richtigerweise in der LA am 8.3.21 feststellte: „Tatsächlich prägen jedoch nach wie vor tradierte Normen und Werte den Alltag und die Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt ist noch nicht erreicht.“

Dieser Umstand ist durchaus auch darauf zurückzuführen, dass eine rein männlich ausgerichtete Sprache
ein Umfeld erschafft, welches keine absolute Gleichberechtigung zulässt. Als Stichwörter sein „Männerberufe“ und „ Frauenberufe“ genannt. Solche Begriffe formen Stereotypen die schwer durchbrochen werden können.


Sind wir mal ehrlich: ohne Frauen würde nichts funktionieren. Sie wurden von der Natur mit einer Kraft gesegnet, die kein Mann jemals erreichen kann. Nur Frauen sind in der Lage nicht nur die kleinen Menschen zu behüten und zu versorgen, sondern sich auch zusätzlich um die „großen Kleinen“ zu kümmern, die teilweise ohne eine Frau nicht lebensfähig sind.


Ich bin der Überzeugung, Worte sind ein großes Gut und eine bewusst gewählte Sprachform kann helfen, das vorhin erwähnte Umfeld dahingehend zu ändern, eine tatsächliche Gleichstellung von Frau und Mann zu erreichen.


Ihre Antwort, Herr Bürgermeister, ist natürlich aus rechtlicher Sicht
vollkommen in Ordnung, das Gesetz dazu ist ja bekannt.


Aber:


Ja, die offizielle Amtssprache benutzt weibliche sowie männliche Anreden, doch nach wie vor sprechen Kritiker bei dieser Form der Gleichberechtigung von Zerstörung des Redeflusses und sogar von Zeitverschwendung. Das ist eine
Respektlosigkeit gegenüber jeder Frau.


Ich appelliere daher durchaus bewusst:
Um Detmolds Anspruch eine diverse, „geschlechtergerechte Stadt“ zu sein, konsequent umzusetzen, wird für die nächsten 50 Jahre ausschließlich das Generische Femininum eingesetzt. Da dieser Antrag fragile Maskulinität und altmodische Männlichkeitsbilder triggert, bietet die Stadt Detmold Umschulungen an, um den alternativen Umgang mit der deutschen Sprache zu erlernen.


Zusätzlich, um den Anreiz der Umsetzung zu erhöhen und um der Vorbildfunktion des Stadtrates gerecht zu werden, schenkt die sehr gute Partei Die PARTEI dem Rat und der Verwaltung je eine Spendenbox, in welche bei fehlerhaftem
oder ausbleibendem Anwenden des generischen Femininums, während der Rats-und Ausschusssitzungen, 5 Euro als freiwillige Spende eingezahlt werden. Die so entstehende Summe wird sozialen Einrichtungen in Detmold zugutekommen. Durch diese Maßnahme beweist der Rat die Bereitschaft, aus Respekt vor Frauen, die Anstrengung auf sich zu nehmen, vor dem Reden erst zu denken, um Worte bewusst zu formulieren. Ein Klacks im Vergleich zu dem was Frauen täglich für uns leisten!

Daniel Konttori

Die PARTEI


1 Geschlechtergerechte Sprache als Thema der germanistischen Linguistik: https://fckaf.de/mNn
2 Justizministerium verfasst Gesetzentwurf in weiblicher Form: https://fckaf.de/jeD